
Der Weihnachtsmann
Roter Mantel, schwarze Schuhe, dicker Rauschebart: So wird der Weihnachtsmann überall beschrieben. Mit seinem Schlitten, gezogen von acht fliegenden Rentieren, verteilt er in der Weihnachtsnacht Geschenke auf der ganzen Welt.
Woher kommt die Legende vom Weihnachtsmann? Hat Coca-Cola mit seiner Weihnachtswerbung den Rotmantel erfunden? Wo wohnt der Weihnachtsmann? Ein ganzer Weihnachtssack voller Fragen. Im folgenden Artikel geben wir Antworten.
Der Heilige Nikolaus als Gabenbringer
Die Ursprünge der rotgewandeten Gestalt reichen weit in die Vergangenheit zurück. Schon vor Christus werden vereinzelt Geschichten überliefert, die sich mit den Erzählungen des Heiligen Nikolaus vermischen. Dieser lebte im vierten Jahrhundert nach Christus in Myra in der heutigen Türkei und verteilte Geschenke.
Nach einer überlieferten Erzählung soll der Bischof von Myra eine verarmte Familie unterstützt haben, um deren Töchter vor der Prostitution zu bewahren.
Nikolaus wirft die Geschenke durch den Kamin. Sie landen in Strümpfen, die dort aufgehängt werden – daher der Brauch, am Heiligen Abend Stiefel und Strümpfe aufzustellen. Der Bischof rettet vielen Menschen das Leben, und dank seiner Hilfe entgehen die Einwohner von Myra einer Hungersnot.
Sankt Nikolaus starb wahrscheinlich an einem 6. Dezember. Deshalb stellen viele Kinder an diesem Tag ihre Stiefel vor die Tür. Die Geschichten um den heiligen Nikolaus verbreiteten sich über die Landesgrenzen hinaus. Zwei Jahrhunderte nach seinem Tod ist er einer der beliebtesten Heiligen der griechisch- und russisch-orthodoxen Glaubensgemeinschaften.
Im 10. Jahrhundert gelangten die Erzählungen über Italien auch nach Deutschland. Als Gabenbringer ist er seit Mitte des 16. Jahrhunderts nachweisbar. Am Nikolaustag beschenkt er Kinder, die „fleißig, fromm und brav“ sind.
In ihren Stiefeln finden sie der Überlieferung nach „Apfel, Nuss und Mandelkern“, manchmal auch Kleidung und nützliche Dinge für den Alltag. Nikolaus gilt seit jeher als „Freund der Kinder“. Er wird als Schutzpatron vieler Berufe verehrt, darunter Fischer, Bäcker und Apotheker.
Das Christkind löst den Nikolaus ab
Einen Rückschlag erlitt die Popularität des Nikolaus während der Reformation durch Martin Luther. Er macht den Gläubigen klar, dass sie keinen heiligen Vermittler brauchen, sondern direkt zu Gott beten sollen. Um Jesus in den Mittelpunkt des Glaubens zu stellen, führte Luther das Christkind ein.
Ob es sich dabei um das Jesuskind selbst oder um eine engelartige Gestalt handelt, ist bis heute umstritten. Das Christkind bringt die Geschenke nicht mehr am Monatsanfang, sondern am Heiligen Abend. Ab dem 17. Jahrhundert, mit der Gegenreformation, lebt der Gaben bringende Nikolaus wieder auf.
Ihm zur Seite steht nun Knecht Ruprecht, der unartige Kinder bestraft. Letzterer taucht erstmals in germanischen Sagen auf. Später wird aus der Kombination beider die Figur des Weihnachtsmannes.
Die rote Farbe des Mantels erinnert noch heute an das Bischofsgewand. Die ausladende Kapuze und der weiße Pelz stammen von Knecht Ruprecht. Im Gegensatz zum Nikolaus trägt der Weihnachtsmann heute keine Mitra und keinen Bischofsstab mehr.
Weihnachtsmann vs. Christkind
Vor dem 19. Jahrhundert bringt in Deutschland das Christkind die Geschenke. Aber nur die evangelischen Kinder, die katholischen wurden weiterhin vom Nikolaus beschenkt. Im Laufe der Jahre wandelt sich der Gabenbringer.
Das Christkind hält Einzug in die katholischen Bräuche und der Weihnachtsmann in die evangelischen Familien. Die Traditionen vermischen sich, vieles wird „katholisch, was typisch evangelisch war und umgekehrt“.
Heute spalten die beiden Gabenbringer Deutschland. Für viele Kinder gehören sie zu den wichtigsten Figuren an Weihnachten, weil sie die Geschenke unter den Baum legen. Doch ins Haus kommt immer nur einer von beiden. Die Frage, ob der Weihnachtsmann katholisch oder evangelisch ist, lässt sich nicht so einfach beantworten.
Eine Umfrage aus dem Jahr 1932 zeigt, dass der Weihnachtsmann vor allem in nord- und ostdeutschen Familien das Christkind abgelöst hat. In katholischen Familien im Süden und Westen verteilt das Christkind die Geschenke. Wo welcher Gabenbringer auftritt, ist also auch geografisch bedingt.
Die Kommerzialisierung des Weihnachtsmannes
Holländische Einwanderer sorgen durch die Figur des „Sinterklaas“ für die Grundlage des Weihnachtsmannes. St. Nikolaus erobert in Form von Santa Claus Amerika. Der Weihnachtsmann beschert die Kinder in der Nacht auf den 25. Dezember.
Er bekommt sein endgültiges Aussehen verpasst. Roter Mantel und Zipfelmütze sind sein Markenzeichen. Vermischt mit Vorstellungen eines Väterchens Frost, welche aus Deutschland stammen, bekommt der Weihnachtsmann in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine individuelle Bekleidung.
Nach und nach entwickelt sich der Weihnachtsmann zu einer eigenständigen Figur. Der Erfinder dieser „neuen“ Weihnachtsgestalt ist der 1840 im pfälzischen Landau geborene Thomas Nast. 1846 wandert er mit seiner Mutter nach Amerika aus. Während des dortigen Bürgerkriegs erfindet der Karikaturist den amerikanischen Weihnachtsmann.
Der noch 1809 im Buch „Knickerbockers Geschichten“ von Washington Irving beschriebene Mann mit „tiefem Hut mit breiter Krempe“, der eine flämische Hose trägt und Pfeife raucht, verwandelt sich in den Weihnachtsmann, so wie wir ihn heute kennen. Mit seiner Zeichnung von Santa Claus‘ Bescherung bei den Unionstruppen, welche sich Abraham Lincoln gewünscht hat, trifft Thomas Nast den Zeitgeist wie kaum ein anderer.
Aus dem pfälzischen Gabenbringer „Pelznickel“ seiner Kindheit und dem niederländischen „Sinterklaas“ kreiert er den Weihnachtsmann. Seine Kleidung ist mit patriotischen Sternen besetzt und die Mitra des Bischofs‘ verwandelt sich in eine pelzbesetzte Mütze. Aus dem Weihnachtsmann hat Nast eine nationale Trostgestalt gemacht.
Coca-Cola verpasst ihm schließlich 1932 die typischen Farben Rot und Weiß. Der Zeichner Haddon Sundblom, ein Sohn finnischer Einwanderer, fällt die finale Gestaltung des Weihnachtsmanns zu. Er entscheidet sich für einen großväterlichen Weihnachtsmann mit rotem Mantel und weißem Pelzbesatz.
Der Rauschebart darf nicht fehlen. Pate für die freundlichen Gesichtszüge steht ein pensionierter Mitarbeiter der Firma. Bis 1966 gestaltet Sundblom jedes Weihnachten einen neuen Weihnachtsmann. In den späten Werken verewigt er sich selbst, indem er Santa Claus seine eigenen Gesichtszüge verpasst.
Wo lebt der Weihnachtsmann?
Viele glauben, dass der Weihnachtsmann in seiner Weihnachtsgeschenke-Werkstatt am Nordpol lebt. 1925 finden Zeitungen heraus, dass es dort für die fliegenden Rentiere nicht genügend Weidefläche gibt. Sie geben einstimmig bekannt, dass der Weihnachtsmann in Lappland lebt.
Markus Rautio, der die beliebte Kinderstunde im finnischen Radio moderiert, verrät 1927: Der rauschbärtige Geselle lebt mit seinen Elfen auf einem Berg namens Korvatunturi im finnischen Lappland. Der Berg ist wie Hasenohren geformt. Aus diesem Grund erzählen die Finnen ihren Kindern, dass der Weihnachtsmann dadurch hören kann, ob sie brav sind. In Deutschland haben der Weihnachtsmann und das Christkind insgesamt sieben Anschriften. Darunter 21709 Himmelpforten bei Stade und 31137 Himmelsthür bei Hildesheim.
Gedichte und Erzählungen über den Weihnachtsmann
Ein berühmtes Gedicht von Clemens C. Moore beschreibt den Weihnachtsmann 1822 in „Twas the Night Before Christmans“. Hoffmann von Fallersleben textet 1835 das bekannte Lied „Morgen kommt der Weihnachtsmann“. 1897 schreibt die achtjährige Virginia O’Hanlon aus New York einen Brief an die Tageszeitung „Sun“ mit der Frage, ob es den Weihnachtsmann gibt.
Die Antwort darauf war dem damaligen Chefredakteur so wichtig, dass er seinen erfahrensten Kolumnisten Francis P. Church bat, eine Antwort zu entwerfen. Der Kriegsreporter fand berührende Worte: „Ja, Virginia, es gibt einen Weihnachtsmann. Es gibt ihn so gewiss wie die Liebe und Großherzigkeit und Treue.“ Bis zur Einstellung der „Sun“ 1950 wurde der Briefwechsel jedes Jahr zu Weihnachten auf der Titelseite der Zeitung abgedruckt. Seit 1977 erscheint er bei uns in der Welt am Sonntag und lokalen Tageszeitungen.
Von den ursprünglichen Legenden über den Nikolaus bis hin zum heutigen Weihnachtsmann kamen die unterschiedlichsten weihnachtlichen Bräuche aus der ganzen Welt zusammen. Sie bereicherten die Erzählungen des heutigen Weihnachtsmannes. Sie trugen zu der legendären Geschichte bei, die den nie alternden, geschenkebringenden Mann mit weißem Bart und rotem Mantel unsterblich macht.